
„Das Schlimmste war für mich, den gelben Stern tragen zu müssen und der Ausschluss aus der Schule.“
Mirjam Lapid-Andriesse, 2022
Der Verfolgung widerstehen
Mirjam Lapid-Andriesse ist sieben Jahre alt, als die Deutschen im Mai 1940 die Niederlande besetzen. Ihr ältester Bruder Joop geht in den Untergrund. Mirjam wird aus der Schule ausgeschlossen, weil sie Jüdin ist. Im April 1943 muss die Familie in das Ghetto von Amsterdam umziehen. Im Juni 1943 werden sie im Durchgangslager Westerbork inhaftiert. Mirjams Vater kann Visa für Palästina organisieren. Doch Anfang Februar 1944 wird die Familie in das KZ Bergen-Belsen transportiert. Am 24. Februar 1945, dem Geburtstag von Mirjams Mutter, stirbt der Vater an Hunger und Entkräftung. Alle anderen Familienmitglieder überleben.
„Ich feiere meinen Geburtstag immer zweimal: am 17. April, dem Tag meiner Geburt, und am 23. April, dem Tag meiner Befreiung und Wiedergeburt. Ich werde bald 89 und 77 Jahre alt.“
„Mein Leben im Kibbuz und meine große Familie, das ist die Realisierung meines zionistischen Traums.“
Mirjam Lapid-Andriesse, 2022
Mirjam Lapid-Andriesse, im April 1944 12 Jahre alt
Mirjam wird im April 1933 in der niederländischen Stadt Deventer geboren. Ihre Eltern sind Zionisten und wollen nach Palästina. Auch Mirjam und ihre Geschwister wollen nach der Befreiung dorthin. 1953 übersiedelt sie nach Israel und geht in einen Kibbuz. Mit ihrem Mann Aki gründet sie eine Familie. Ihre fünf Kinder schlagen alle eine Laufbahn in der israelischen Armee ein. Als ihr ältester Sohn Ran den deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl bei dessen ersten Israel-Besuch fliegen soll, bittet er sie um ihr Einverständnis.
Mirjam Lapid-Andriesse spricht über die Erinnerungsarbeit in Tröbitz. | Video 1:26 min
„Ich hoffe sehr, dass ich meine Alpträume nicht an die nächste Generation weitergegeben habe.“
Mirjam Lapid-Andriesse, 2022

Umgang mit der Erinnerung
Nach dem Krieg übersiedeln die Brüder Joop und Bram bereits 1946 nach Palästina, Mirjam folgt nach Israel 1953. Die Schwester Tett bleibt in den Niederlanden. Wegen einer Lungenerkrankung aus der Zeit der Verfolgung verträgt sie das Klima nicht. Im Kibbuz Tzora, 20 Kilometer von Jerusalem entfernt, arbeitet Mirjam anfangs als Kindergärtnerin und baut dann das Verwaltungsbüro auf.
Der „Verlorene Transport“ ist für sie lange kein Thema. Erst als die Enkel fragen, fängt Mirjam an zu erzählen. Im fortgeschrittenen Alter werden Erinnerung und Gedenken immer wichtiger für sie. Auch nach Tröbitz nimmt sie Kontakt auf.